Corona-Talk mit Julia: "Im Falle eines zweiten Lockdowns würde ich schauen, wer in meinem Umfeld wirklich Hilfe und Unterstützung benötigt"

Autor annika.bruemmer

Erstellt am 18. August 2020 10:28


Heute im Corona-Talk: Julia, unsere studentische Hilfskraft und ehemalige Power-Praktikantin. Julia sollte pünktlich zum Corona-Start gerade mit ihren neuen Aufgaben bei Quartiermeister richtig durchstarten. Wie es ihr als brandneues Team-Mitglied in den letzten Monaten ergangen ist, lest ihr im Interview.

 

Liebe Julia, wie hast du dich gefühlt als du zum ersten Mal von Corona gehört hast?

Als die Nachrichten aus Wuhan kamen und aus China, habe ich zunächst gedacht, dass das alles viel zu weit weg ist und uns gar nicht betrifft. Ich habe eigentlich großes Vertrauen in Deutschland als politisches System und als Staat und dachte mir, dass uns Corona durch entsprechende Regulierungen gar nicht erreichen wird. Zumindest nicht in dem Maße, in dem es uns dann erreicht hat. Als wir dann im Team den Beschluss gefasst haben, dass wir alle ins Homeoffice gehen, war das schon relativ krass für mich. Ich bin dann noch mit meiner Mitbewohnerin mit dem Auto ins Büro gefahren und habe alles geholt, was ich zum Arbeiten brauche. Da habe ich dann Annika und Marko getroffen als die gerade gegangen sind. Da wurde mir bewusst, dass es sein kann, dass wir uns alle für ein paar Monate gar nicht mehr sehen. Ab dem Zeitpunkt fand ich das alles schon sehr krass und auch beängstigend.

 

Als studentische Hilfskraft konnte für dich kein Kurzarbeitergeld beantragt werden. Hattest du jemals Angst, dass Quartiermeister dich nicht weiter beschäftigen kann?

Zu Beginn definitiv. Mein Arbeitsvertrag ging zunächst nur bis April. Da wusste ich kurzzeitig gar nicht, ob es für mich bei Quartiermeister als Studentin weitergehen kann. Ich hatte dann sehr schnell intensiven Kontakt mit David und wusste, dass ich ihn immer fragen kann, wie es aussieht, wie der Plan ist. Dadurch sind meine Sorgen schnell kleiner geworden, weil ich wusste, dass ich Rückhalt im Team habe und alles ansprechen konnte, ohne Angst haben zu müssen.

 

Dein Vertrag wurde dann auch verlängert …

Genau, mein Vertrag wurde dann zunächst bis August verlängert. Das hatte damit zu tun, dass mein Studium dann zu Ende gegangen wäre. Jetzt fange ich im Herbst meinen Master an und werde auch weiter bei Quartiermeister als Studentin bleiben. 

 

Du unterstützt hauptsächlich Sylvie bei der Buchhaltung und Lagerplanung. Was hat sich für dich und deine Arbeit in Zeiten von Corona verändert?

Man muss dazu sagen, dass ich erst im Februar wiedergekommen bin. Ich hatte zuvor schon ein Praktikum bei Quartiermeister gemacht, allerdings in einem ganz anderen Bereich. Deswegen sollte ich im Februar und März eigentlich in die neuen Aufgaben eingearbeitet werden. Diese Einarbeitungsphase ist dann zum Teil einfach weggefallen, was mich zunächst auch überfordert hat. Dadurch, dass die Arbeit auf ein Minimum reduziert wurde, wusste ich teilweise gar nicht, woran ich bin. Wir haben das aber relativ schnell lösen können. Dadurch, dass Sylvie, David und ich in einen engeren Austausch gegangen sind. Sobald dann die Lockerungen kamen, bin ich wieder mehr ins Büro gegangen und hatte so einen besseren Austausch und etwas mehr Orientierung. Jetzt klappt‘s echt wieder richtig gut.

 

Kannst du etwas Positives aus der Krise für dich und für Quartiermeister ziehen?

Für mich war Corona eine Orientierungsphase. Ich bin mit meinem Bachelor fertig geworden und wusste eigentlich gar nicht, wo ich hinmöchte. Durch die ganze Entschleunigung konnte ich viel nachdenken und habe mich entschlossen, mein Masterstudium aufzunehmen. So kann ich auch bei Quartiermeister bleiben. Mit dieser Entscheidung fühle ich mich richtig wohl. Ich habe mir also ein neues Ziel setzen können, was sonst vielleicht gar nicht hätte funktionieren können.

Was Quartiermeister betrifft, finde ich, dass wir noch enger zusammengewachsen sind. Man merkt einfach, dass es auch anders funktionieren kann. Man muss nicht immer den Kopf in den Sand stecken, sondern es gibt Möglichkeiten. Von daher denke ich, dass das Ganze schon etwas Positives hat.

 

Denkst du da an bestimmte Möglichkeiten?

Ja, zum Beispiel die Sache mit dem Stay Home Club. Dadurch, dass ich viele Verwaltungsgeschichten in Zahlen vor mir sehe, war ich auch total beeindruckt, was mit dem Lebensmitteleinzelhandel passiert ist. Ich habe dann schon gedacht, dass COVID-19 nicht das Todesurteil bedeutet, sondern dass sich immer wieder neue Wege finden lassen. Klar ist die Situation scheiße und man ist eingeschränkt, aber man kriegt es schon irgendwie hin – ob als Unternehmen oder auch privat.

 

Was würdest du im Falle einer zweiten Welle anders machen?

Ich finde die Frage schwierig. Man merkt das ja an sich und am eigenen Umfeld: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wenn es tatsächlich zu einem zweiten Lockdown kommt, bin ich gespannt, wie das im Umfeld aufgenommen wird. Anders machen würde ich wahrscheinlich gar nicht so viel. Ich denke, dass wir alles noch ernster nehmen sollten. Ich selbst habe anfangs viele Dinge belächelt und mir gedacht, dass das alles schon nicht so schlimm werden wird. Es kam dann die Zeit, in der ich meine eigene Verantwortung gespürt habe. Ich denke, dass ich mir in einigen Punkten weniger Sorgen und in anderen mehr Sorgen machen würde. Ich empfinde Corona für mich persönlich nicht unbedingt als gesundheitliche Bedrohung. Ich würde mir um mich selbst wahrscheinlich weniger Sorgen machen und mich eher nach außen orientieren und schauen, wer in meinem Umfeld wirklich Hilfe und Unterstützung benötigt.  

 


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