Corona-Talk mit Andre: „Ich denke, wir werden gestärkt aus dieser Zeit hervorgehen“

Autor annika.bruemmer

Erstellt am 27. August 2020 08:12


Andre ist eines der ältesten Eisen von Quartiermeister. Gemeinsam mit Alex (Vorstandsmitglied vom Quartiermeister e.V.) hat er die Städte Dresden und Leipzig aufgeb(r)aut und seit nunmehr 5 Jahren für den Vertrieb in der Region Ost zuständig. Wie Andre die letzten Monate empfand, erfahrt ihr im Interview.

 

Was hast du gedacht als du zum ersten Mal von Corona in den Medien gehört hast?

Zum Anfang als es losging mit den Berichten aus China war das Thema Corona noch sehr weit weg und gar nicht richtig greifbar. Dass das Virus irgendwann Deutschland treffen würde, war Anfang des Jahres sehr unreal für mich.

 

Ab wann hast du Corona als Bedrohung für dich, deine Freunde und Familie, aber für Quartiermeister angesehen?

Als es erste Fälle in Deutschland gab und die Bundesregierung geraten hat, Läden zu schließen, habe ich die Lage als bedrohlicher angesehen. Nicht als bedrohlich für mich persönlich, weil ich keine Vorerkrankungen habe und mich nicht der Risikogruppe zuordne. Für meine Oma hingegen, die mittlerweile 95 Jahre alt ist, bedeutet Corona natürlich schon eine Bedrohung. Wir haben überlegt, wie für sie die nächsten Monate aussehen werden.

Für Quartiermeister habe ich Corona nie richtig als Bedrohung angesehen, weil ich mir sicher war, dass wir durch den Einzelhandel so gut aufgestellt sind, dass wir auf jeden Fall durchkommen. Das habe ich zumindest gehofft.

 

Du warst also immer zuversichtlich?

Schon. Ich feier meinen Job seit fünf Jahren ab. Dass eine externe Sache meine Arbeit aus fünf Jahren einstürzen lässt, hab ich einfach nicht geglaubt. So wie Quartiermeister aufgestellt ist, habe ich es nicht für möglich gehalten, dass uns Corona so hart treffen wird wie andere Unternehmen.

 

Du bist als Vertriebler für die Region Ost als einziger Quartiermeister in Dresden stationiert. Damit kommst du normalerweise gut klar. Hat sich daran in Zeiten von Corona etwas verändert?

So anders war es ja gar nicht. Das ist ja das Spannende, dass der Kontakt zum restlichen Team mir gar nicht gefehlt hat, da ich die anderen normalerweise auch nur vier Mal pro Jahr sehe. Wenn wir kommuniziert haben, dann eh meistens über Telefon. Deshalb hat sich für mich persönlich gar nicht viel verändert. Ich fand das alles ganz ok. Klar, fanden die Quartals- und die Halbjahresauswertung nicht wirklich statt. Nur digital. Das war schon traurig. Aber das ändert sich ja hoffentlich wieder, sodass wir wieder zusammen abhängen können. Dass ich die anderen nun drei Mal pro Woche hätte sehen wollen, war vorher nicht und war auch während Corona nicht (lacht).

 

Du betreust sowohl die Gastro als auch den Handel in deinen Vertriebsgebieten. Wie ging es dir als die gesamte Gastro dicht gemacht hat?

Persönlich halte ich mich nur in der Dresdner Neustadt oder im Hechtviertel auf. Diese Gegenden sind normalerweise stark von Touristen oder Menschen aus den anderen Vierteln bevölkert. Das war zu Zeiten von Corona natürlich ganz anders. Die Gastro war zwar dicht, aber die Leute waren trotzdem draußen, aber halt nur die Neustädter. Die Stadt war dann irgendwie so, wie wir sie uns immer vorstellen: weniger los, weniger Geschreie, nicht so viele Autos, keine E-Scooter,… Die Stimmung war wie an Weihnachten, wenn alle, die nicht aus der Region kommen, nach Hause fahren und nur noch die Locals da sind.

Klar ist es aber auch mein Job, Bier in die Gastronomie zu verkaufen. Während des Lockdowns habe ich mit einigen Gastronomen gesprochen, weil der Kontakt über das Berufliche hinausgeht. Für die Leute war das natürlich echt schwierig, aber einige haben schon versucht, die Zeit für sich zu nutzen, mal durchzuatmen oder zu renovieren.

 

Wie teilt sich deine Vertriebsarbeit prozentual in Gastronomie und Handel auf?

Ich mache um die 20-25 % Vertrieb im Einzelhandel, 10-15 % für Veranstaltungen und den Großteil meiner Arbeit investiere ich in die Gastronomie. Das Verhältnis hat sich – seitdem es langsam wieder losgeht – auch gar nicht so sehr verändert, nur dass ich durch Kurzarbeit weniger Stunden zur Verfügung habe. Ich habe auch das Gefühl, dass die Leute in der Gastronomie jetzt wieder richtig loslegen wollen. Nur den Teil, den ich normalerweise in Events stecke, fällt weg. Den nutze ich nun eher für den Vertrieb im Handel.

 

Wie war es denn während des Lockdowns? Da konntest du ja gar nicht mehr in der Gastro unterwegs sein.

Trotzdem hatte ich Kontakte zu den Leuten in der Gastro. Das sind ja nicht nur Kunden, sondern zum teil auch Freunde oder gute Bekannte.

 

Konntest du deine Arbeit im Handel während des Lockdowns intensivieren?

Eher nicht, weil ich ja gar nicht unterwegs sein konnte. Ich mein, wir hätten im Falle einer Infektion das Virus sonst durch zehn Märkte oder so getragen. Außerdem wollte einen niemand so richtig empfangen im Handel, weil alle genug zu tun hatten. Niemand hatte einen Kopf dafür, neue Produkte aufzunehmen, weil im Handel eh alle total beschäftigt waren. Es sieht momentan so aus, als würden die Infektionszahlen weiter steigen. Da wird der Handel für uns vielleicht Ende des Jahres eine sehr wichtige Rolle einnehmen.

 

Hast du von Kund*innen gehört, die Corona nicht überlebt haben? Und wie geht es dir dabei?

Momentan weiß ich von einem Kunden, der nicht mehr aufmacht. Dem ging es aber auch schon vor Corona nicht so gut. Ich denke aber, dass sich Ende des Jahres oder im nächsten Jahr die Ausmaße erst bemerkbar machen werden. Denn nur die Leute, die in den jeweiligen Städten wohnen, können die Gastronomie alleine nicht retten. Gastro ist immer abhängig von externen Leuten, wie Touristen. Auch über Sportveranstaltungen oder Straßenfeste, zum Beispiel die Bunte Republik Neustadt in Dresden, verdienen Gastronomen gutes Geld. Wenn solche Veranstaltungen weiterhin nicht stattfinden können, ist das natürlich schlecht, weil sie sich mit diesen Einnahmen oft über schlechtere Zeiten im Jahr retten.

 

Wie schätzt du die Auswirkungen von Corona auf deine Arbeit ein? Gibt es ggf. auch positive Entwicklungen?

Bis auf die verkürzte Arbeitszeit habe ich relativ wenig Veränderungen innerhalb meiner Arbeit. Ich habe ein kleines Büro in Dresden, in dem auch ein bis zwei Mal die Woche meine Büro-Kollegin Sandra ist. Das geht aber alles mit Abstand und wir sprechen uns ab, wann wer da ist. Die Maske zu tragen bei Kundenbesuchen finde ich nicht schlimm. Oft gehen wir bei Terminen auch raus und unterhalten uns unter Einhaltung der Abstandsregelungen ohne Maske. Die Maske an sich bedeutet für mich keine Einschränkung. Alles andere hat sich nicht wirklich verändert. Was sich verändert hat, ist, dass wir bei Quartiermeister im Team öfters sprechen – dann halt über Skype.

 

Kannst du etwas Positives aus der Krise für dich und für Quartiermeister ziehen?

Für mich persönlich ist positiv, dass gemerkt habe, dass mir mein Coaching aus dem letzten Jahr geholfen hat. Da ging es um Arbeitsstrukturen, die Arbeit im Außendienst, Prioritäten von anderen Bereichen im Leben, wie Freunde, Familie und Sport. Es hat mich lange beschäftigt, neben der Arbeit einen angemessenen Ausgleich zu finden. Für mich zählte eine lange Zeit nur Quartiermeister. Das Coaching hat sich während der letzten Monate ausgezahlt. Durch die Krise hatte ich plötzlich total viel Freizeit. Durch das Coaching stand ich nicht so kopflos da, sodass ich meine Freizeit ziemlich gut gestalten konnte. Ich habe dann gemerkt, dass es mir gut gelingt, von der Arbeit loszulassen. Wäre Corona in den Jahren zuvor gekommen, wäre ich deutlich fertiger gewesen. Dadurch, dass ich heutzutage aber im Reinen bin mit meiner Arbeit und Vertrauen habe in mich, in meine Geschäftsführer und in alle Leute, die bei Quartiermeister arbeiten, war ich sehr optimistisch und konnte da tatsächlich für mich persönlich einige positive Dinge mitnehmen.

 

Und für Quartiermeister?

Ich glaube, die Leute bei Quartiermeister sind enger zusammengerückt, weil es uns allen ähnlich ging. Keiner konnte arbeiten. Durch die vielen Gespräche und Skype-Calls wurde definitiv der Teamzusammenhalt gestärkt. Ich denke also, wenn es irgendwann einen Impfstoff gibt und Corona vorbei sein wird, werden wir gestärkt aus dieser Zeit hervorgehen. Außerdem haben wir gesehen, dass unser Konzept funktioniert. Äußere Einflüsse können Quartiermeister nicht so viel antun, wie wir es vielleicht noch vor Jahren vermutet hätten. Wir sind eine gute, gefestigte Marke.

 

Was würdest du im Falle einer zweiten Welle anders machen?

Ich würde versuchen, noch mehr in der Natur unterwegs zu sein. Und endlich meine zwei Puzzle fertigmachen, die ich mir schon während der ersten Welle besorgt habe.

 

Möchtest du noch etwas loswerden?

Ja! Trinkt Quartiermeister und unterstützt andere kleine Marken, die zu strugglen haben. Unterstützt lokale Läden, sei es Gastronomie, der Unverpackt-Laden oder kleine Klamotten-Shops. Kauft lokal und kauft nicht so viel Mist auf Amazon. Geht in euer Viertel, denn das ist der Raum, in dem ihr euch viel aufhaltet und es wäre schade, wenn da alles verschwinden würde.


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